Shuntinsuffizienz

Definition

Als Shuntinsuffizienz bezeichnet man eine pathologische Veränderung der ösophagotrachealen Fistel (des Shuntes) in deren Folge es zum Flüssigkeitsübertritt vom Ösophagus in die Trachea entlang der einliegenden Stimmprothese kommt. Es besteht keine suffiziente Abdichtung zwischen ösophagotrachealer Fistel und Stimmprothese.

Häufigkeit: 13-27% aller Stimmprothesenwechsel (27% Laccourreye O. et al. (1997),13% Op de Coul BM et al. (2000), 26% de Raucourt D. et al. (1998)

Abb. A. Der Shunt ist geschwollen, die Flansche der Stimmprothese schneiden ein.
Abb. B. Nach Entfernung der Stimmprothese zeigt sich das nekrotische Shuntgewebe (1) das durch die Prothesenflansche komprimiert wurde
Abb. C: Dilatiert atropher Shunt mit 3mm Wandstärke und typischer „birnenförmiger“ Konfiguration.
Abb. D: Dilatiert atropher Shunt mit 3mm Wandstärke der kranialen Zirkumferenz und 6mm Wandstärke der kaudalen Zirkumferenz.

Pathophysiologie

Es können zwei Typen insuffizienter Shunts unterschieden werden, der infiziert nekrotische Shunt und der dilatiert atrope Shunt.

Infiziert nekrotischer Shunt

Ein infiziert nekrotischer Shunt entsteht akut durch eine lokale Entzündung an Shunt und Prothese. Die Schwellung des Shuntes führt zu einer Kompression des Shuntgewebes zwischen den Flanschen der Stimmprothese (Abb. A) wodurch es zu Nekrosen des Shuntgewebes kommt. Wenn die Nekrosen abgebaut werden tritt die Leckage auf.

Entwicklung eines infiziert nekrotischen Shuntes, schematisch

Zeichnung A: Die Stimmprothese liegt korrekt im Shunt ein.
Zeichnung B: Der Shunt schwillt z.B. durch eine Infektion an. Die Flansche der Stimmprothese werden nach außen gedrückt und üben Druck auf das Shuntgewebe aus.
Zeichnung C: Durch den Druck der Stimmprothesenflansche auf das Shuntgewebe kommt es zur Nekrose des Shuntgewebes zwischen den Flanschen.
Zeichnung D: Das nekrotische Shuntgewebe wird entzündlich abgebaut. Der Shunt wird instabil und dichtet nicht mehr ausreichend ab. Eine periprothetische Leckage tritt auf. Die Stimmprothese kann verloren gehen.

Dilatiert atropher Shunt

Der dilatiert atrophe Shunt entsteht langsam, nach oft jahrelanger unproblematischer Stimmprothesennutzung. Der Shunt wird langsam dünner bis schließlich keine suffiziente Abdichtung der Stimmprothese mehr gegeben ist. Prothesenlängen von 4mm und weniger sind keine Seltenheit. In einigen Fällen können systemische Ursachen für die Shuntatrophie festgestellt werden (schlecht eingesellter Diabetes mellitus, Tumorrezidiv, Kachexie, Hypothyreoidismus…). Wird die systemische Erkrankung erfolgreich behandelt, bessert sich meist auch die Situation am Shunt. 

Entwicklung eines dilatiert atrophen Shuntes, schematisch

Zeichnung E: Der gesunde Shunt dichtet exakt mit der Stimmprothese ab.
Zeichnung F: Der Shunt atrophiert. Die Stimmprothese hat Spiel und wird immer kürzer gewählt um ausreichend abzudichten.
Zeichnung G: Die weitere Atrophie führt nun zur Dilatation des Shuntes. Auch sehr kurze Prothesen dichten nicht mehr ausreichend ab. Es kommt zur periprothetischen Leckage.

Tabellarische Gegenüberstellung der beiden Typen der Shuntinsuffizienz

Shunttyp Infiziert/nekrotischer Shunt Dilatiert/atropher Shunt
Pathologie Infektion, Schwellung, Druck der Prothesenflansche, Nekrosen Atrophie, Narbenbildung, Dilatation des Shuntes
Auftreten Akut, z.B. bei Infektion, Radiatio oder postoperativ Langsam nach langer unproblematischer Prothesenversorgung
Prognose Gut, häufig einmalige Episode Mäßig, häufig andauerndes Problem
Häufigkeit ~50% aller periprothetischen Leckagen ~50% aller periprothetischen Leckagen

 

Klinik der Shuntinsuffizienz

Führendes Symptom der Shuntinsuffizienz ist die periprothetische Leckage im Schluckversuch. Sie zeigt, dass nicht die Stimmprothese für die Leckage verantwortlich ist, sondern der Shunt nicht suffizient um die Prothese herum abschließt. Oft lässt sich schon bei der Inspektion eine Aufweitung, Entzündung oder Nekrose des Shuntes feststellen. Auch kurzfristig auftretende Prothesenverluste sollten eine kritische Überprüfung des Shuntes auf seine Stabilität hin nach sich ziehen.

Diagnostik der Shuntinsuffizienz

Zeigt sich eine periprothetische Leckage im Schluckversuch bei korrekter Stimmprothesenlänge, oder lässt sich durch Einlage einer korrekt bemessenen Stimmprothese eine periprothetische Leckage nicht beheben, so besteht eine Shuntinsuffizienz. Nach den oben genannten Kriterien kann durch die klinische Untersuchung und die Anamnese zwischen einem infiziert nekrotischen und dilatiert atrophen Shunt unterschieden werden.